das vergessene Ruinenensemble
Stadtarchiv Stuttgart, FM 45067
Privatslg. Simon Otto Volk, Über Land und Meer, Allgemeine Illustrierte Zeitung 82, 1879, Nr. 13
Universitätsbibliothek Stuttgart, Architektonische Studien, Robert Reinhardt, 1881-1891
Bauherr
Eduard
Otto
Moser
Eduard Otto Moser kam am 8. Februar 1818 in Stuttgart, als Sohn des Obertribunalprokurators Karl Christian Moser und dessen Ehefrau Marie Dorothea Geiger, zur Welt. An der Stuttgarter Gewerbeschule wurde Moser wohl zum Fabrikanten ausgebildet und erlernte das Konditorenhandwerk. Die anschließenden Lehrjahre führten ihn bis nach Paris. Dort verbrachte er zehn Jahre und machte sich mit der französischen Kakao- und Schokoladenindustrie vertraut, ehe er dieses Gewerbe bei seiner Rückkehr 1846 nach Stuttgart brachte.
Seine erste Manufaktur namens E. O. Moser & Cie., die für die Herstellung von Bonbons nach Pariser Art bekannt wurde, gründete er in der Hauptstätter Straße 71. Steigende Kunden- und Absatzzahlen ermöglichten ihm 1858 den Erwerb eines eigenen Hauses mit Fabrikanlage in der Calwer Straße 35. Seine Produkte müssen den Menschen gut geschmeckt haben. So bat der Lyriker Eduard Mörike (1804-1875) in einem Briefwechsel mit seiner Frau Margarethe darum, der Tochter Franziska „etwas Gutes Á la Moser“ zu geben. Insbesondere die Qualität der Schokoladenwaren war für Moser von besonderer Bedeutung, weshalb er 1876 die Gründung des Verbands deutscher Schokolade-Fabrikanten initiierte und zu dessen erstem Vorstand ernannt wurde. Dies steht symbolisch für seine koryphäenhafte Stellung in der Schokoladen- und Bonbonfabrikation, die er auch über die Grenzen von Stuttgart hinaus erfolgreich etablierte. So gehörte Stuttgart gegen Ende des 19. bis Mitte des 20. Jahrhunderts zu den Schokoladenstädten in Deutschland. Weitere renommierte Firmen wie Eszet, Ritter Sport und Waldbaur hatten hier ihren Sitz.
Moser war aber nicht nur Schokoladenpionier, sondern auch eine äußerst kunstinteressierte Person. Dieses Interesse spiegelte die aufwändige und qualitätvolle Gestaltung seiner 1876 vollendeten Villa und Gartenanlage wider. In technischen Belangen war Moser ebenfalls äußerst versiert. Seit 1875 gehörte er dem Vorstand des neu gegründeten Württembergischen Dampfkessel-Revisionsvereins mit Sitz in Stuttgart an, dem Vorgänger des heutigen TÜV.
Am 2. Februar 1879 verstarb der „Bonboles Moser“ im Alter von 60 Jahren. Sein eindrucksvolles Grabmal befindet sich auf dem Pragfriedhof. Er hinterließ Stuttgarts größte und modernste Schokoladen- und Bonbonfabrik mit damals etwa 250 Mitarbeitenden – die in dem Verstorbenen „einen um ihr Wohl treu besorgten Brotherren“ verloren. Seine Frau Marie Friederike (1824-1903) verkaufte die Fabrik an vier erfahrene Mitarbeiter, da die Ehe kinderlos geblieben war. 1894 erfolgte die Fusionierung mit der Firma Wilhelm Roth jr., zu abgekürzt Moser-Roth mit Firmensitz an der Räpplenstraße. Mittlerweile gehört die Marke Moser-Roth dem Storck Konzern, der das Schokoladensortiment für einen großen Discounter vertreibt.
Das Büchlein/die Broschüre über die Villa Moser kann hier heruntergeladen werden.